Watschelnd durch die Schweizer Winterwelt

Schneeschuhwanderungen sind im Winter nach wie vor sehr beliebt. Wir haben uns die riesigen Schuhe an die Füsse geschnallt und das Jungfraujoch erobert – im Entengang. Ein Testbericht.

Watschelnd durch die Schweizer Winterwelt

Manchmal kann man sich auch an der fantastischsten Aussicht nicht erfreuen. Vom Jungfraujoch geht an diesem Morgen bei perfektem Wetter der Blick weit, von den französischen Vogesen bis zu den Walliser Viertausender – schöner kann es kaum werden. Doch ich kämpfe mit den Grundlagen des Menschseins, dem Laufen. Ich bin unterwegs auf einer etwa vierstündigen Schneeschuhtour vom Jungfraujoch, vorbei am Fusse des Mönchs bis hinüber zum Ewigschneefeld – und watschle durch die Berglandschaft wie eine plattfüssige Ente. Die ersten Schritte mit den überdimensionalen Schuhen sind nicht einfach. Und dennoch hat sich Schneeschuhtrekking zum Winter-Trendsport entwickelt.

Foto: Travel Magazin

«Wir erleben eine anhaltende Nachfrage an Schneeschuherlebnissen», bestätigt Johann Kaufmann von Outdoor Switzerland AG, der mich durch die Gletscherlandschaft führt. Ein besonderer Vorteil: Mit den Riesenwatscheln können sogar Ski- und Langlauf-Laien in abgeschiedene Regionen vordringen. Klar: Die grosse Schuhfläche verhindert ein Einsinken in frischem Schnee – mit Wanderstiefeln hätte man da keine Chance. Die grundlegende Technik ist einfach, eine ästhetische Augenweide ist der breitbeinige Gang nicht. Ohne gründliche Vorbereitungen gehts auch bei einer Schneeschuhwanderung in alpiner Höhe natürlich nicht. Gefahren gibt es in den Bergen immer – auch in vermeintlich einfachem Terrain. In unserem Fall sind das Lawinen und Gletscherspalten. Die Lawinengefahr ist gering, eine reale Gefahr auf unserer Tour sind die Spalten im Gletscherfirn. Hier oben, wo der Aletschgletscher beginnt, klaffen strassenbreite Risse wie Höllentore im ewigen Eis. Nach Neuschnee sind die Spalten mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt, die unter den Füssen wie Herbstlaub zerbröseln. Da möchte man nicht hineinstürzen.

Foto: Travel Magazin

Deshalb schirrt mich Kaufmann an einem Bergseil an. Etwa acht Meter Seil ist immer zwischen uns, sodass man Zeit zum Reagieren hat, falls einer von uns in die Tiefe stürzt. Wir schützen uns gegenseitig. «Falls ich falle, musst du mich halten, ich komme dann von alleine wieder hoch», erläutert der drahtige Grindelwalder. «Wenn du in die Spalte stürzt, warte einfach, bis ich dich hochziehe». Ob mich das beruhigen soll? Die Gefahr gibt unserem Marsch hinter dem Schweizer Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau einen Hauch Abenteuer – da macht es auch nichts, dass ich mich fühle wie ein angeschirrter Esel.

Foto: Travel Magazin

Nach dem ersten Durcheinander mit Seil, Wanderstöcken und Monsterfüssen flutscht das Schneeschuhlaufen wie von selbst. Vom Jungfraujoch geht es zunächst hinüber zur Mönchsjochhütte, dann hinunter zum gänzlich unberührten Ewigschneefeld, einem Zufluss zum Aletschgletscher. «Ich freue mich wahnsinnig, heute hier zu sein», jauchzt Kaufmann, als sich die jungfräuliche Landschaft vor uns ausbreitet. Dabei hat der erfahrene Bergsteiger schon Achttausender im Himalaya bestiegen. Dagegen ist das hier ein Kinderspiel.

«Im anspruchsvollen Gelände muss man die Schneeschuhtechnik etwas üben»

Johann Kaufmann

Foto: Travel Magazin

Allerdings nicht für mich. Beim steilen Abstieg in den kleinen Kessel rutsche ich aus und baumele am Seil. «Das habe ich mir schon gedacht», lacht Kaufmann. «Im anspruchsvollen Gelände muss man die Schneeschuhtechnik etwas üben». Anfänger, die nicht auf einer geführten Schneeschuhtour oder auf präparierten Pisten in den Bergen unterwegs sind, sollte daher einen Einführungskurs besuchen, der auch Lauftechniken in unwegsamen Terrain und das Vermeiden von Lawinen beinhaltet.

Für mich Greenhorn haut Kaufmann deshalb Tritte in den Schnee, welche mich wie eine Treppe nach unten führen. Dank den XXL-Schuhen sinken wir auf der Gletscherebene nur etwa 15 Zentimeter ein. Anstrengend ist das Laufen dennoch, da sich jeder Schritt wie eine Treppenstufe anfühlt. Auch die Höhe (wir sind derweil auf 3600 Metern Höhe) fordert ihren Tribut: Der Sauerstoffmangel schwächt den ungeübten Körper. Unser Tempo ist dementsprechend gemächlich. So bleibt mehr Zeit, die Landschaft zu geniessen. Überhaupt geht es hierbei nicht um Geschwindigkeitsrekorde, sondern um den Genuss.

Nach gut vier Stunden sind wir wieder zurück am Jungfraujoch. Und jetzt habe ich endlich die Muse, das gewaltige Panorama zu geniessen.

Foto: Travel Magazin

Mein persönliches Fazit
Die Tour war ein herrlicher Spass. Für all jene, welche die winterliche Bergwelt in Ruhe geniessen wollen, ist ein Schneeschuhtrekking eine schöne Alternative zu Langlauf oder klassischer Wanderung.

Travel Basics

Outdoor Switzerland AG bietet verschiedene Schneeschuherlebnisse an.

Einsteiger können beim «Schnupperkurs Schneeschuhwandern» innert einem Tag die grundlegenden Techniken erlernen. Preis: ab 215 Franken

Weitere Informationen: Outdoor Switzerland AG

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