Dublin – Eine Pilgerfahrt zu Zitronenseife und James Joyce

Dublin ist ein Pilgerziel für Literatur-Liebhaber: hier wirkte James Joyce, der mit seinem Werk «Ulysses» der Stadt ein literarisches Denkmal setzte. In der Apotheke «Sweny» wird die Welt des Kultbuchs lebendig.

Dublin – Eine Pilgerfahrt zu Zitronenseife und James Joyce

«Ja weil ich so was noch nie gemacht habe und jetzt wo ich schon hier bin in Dublin kann ich einfach hingehen zu «Swenys» zur Lesung von James Joyce am Lincoln Place aber in der alten Apotheke sind nur drei Menschen das ist mir peinlich besser ich gehe gleich wieder der Mann in der weissen Schürze gibt mir einen Tee mit Milch und viel Zucker meine Leidenschaft Dingeldongel die Türglocke scheppert eine Frau kauft eine Zitronenseife ich nehme auch eine als Mitbringsel.»

Was sich liest, wie die verworrenen Gedanken eines Journalisten ohne Rechtschreibprogramm war Anfang des 20. Jahrhunderts der neuste Clou im Literaturjargon. Bewusstseinsstrom wird diese Technik genannt: Das unzusammenhängende Aneinanderreihen von Gedanken, Gefühlen und Assoziationen. Das unerreichte Meisterwerk dieses Stils ist der Roman «Ulysses» von James Joyce (1882–1941), der in historischen Orten in Dublin spielt. Auf über 1000 Seiten beschreibt Joyce einen Tag im Leben des Anzeigenverkäufers Leopold Bloom, die äusseren Geschehnisse, die Gedankenfetzen, Gefühle, tiefsten Begierden in unterschiedlichen, neuartigen Techniken.

Dublin, Vorlesung James Joyce in der Apotheke Sweny

Foto: Shutterstock

Ulysses – Ein Kultbuch für Generationen

Der Anfang dieses Artikels ist verwirrend, aber das ist kein Vergleich zum Original: Joyce beendet seinen Roman mit dem berühmten Monolog der Molly Bloom – 60 Seiten ohne Punkt und Komma. Da muss man sich als Leser durchkämpfen. Dennoch ist «Ulysses» zum Kultbuch geworden und die Schauplätze des Mammutbuchs zu Pilgerstätten der Joyce-Enthusiasten. Die authentischste Stätte ist die Apotheke «Sweny», in der Leopold Bloom im Roman eine Zitronenseife kauft. Die Apotheke war von 1847 bis 2009 durchgehend in Betrieb und besitzt noch die originale Einrichtung der viktorianischen Zeit: Regale aus dunkelrotem Holz mit Schubladen, aus denen die Knäufe herausgebrochen sind, in einem Ladenlokal, das kaum grösser ist als eine Wohnstube.

«Er wartete vor dem Tresen, den scharfen Geruch der Drogen einatmend, den staubig trockenen Duft von Schwämmen und Luffas», heisst es im Roman. Heute riecht es nach vergangener Blütezeit, süsslich, verstaubt und einladend. Und nach der berühmten Zitronenseife: Der Verkaufsschlager des Apotheken-Museums-Gedächtnisstätte-Hybrids. Geführt wird dieser einmalige Ort von Freiwilligen, die «Sweny» 2009 vor der Zerstörung retteten. Herzstück sind die regelmässigen James-Joyce-Lesungen. Eine internationale Gruppe drängt sich heute in dem kleinen Raum zusammen. Drei amerikanische Studentinnen, die eine Studienjahr in Dublin verbringen, Mandy aus Amerika, die ihre irischen Vorfahren sucht, der Bankangestellte John, ein russisches Pärchen mit unaussprechlichen Namen und Sylvia aus der Schweiz – eingefleischte Joyce-Fans.

Dublin, Vorlesung James Joycein der Apotheke Sweny.

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Sweny – Eine Erinnerungsstätte für James Joyce

«Jeder liest abwechselnd eine Seite», bestimmt P.J. Murphy, die Seele der Freiwilligen-Organisation. «Das ist das Geheimnis der Lesungen: Hier versammeln sich Menschen aus der ganzen Welt. Jeder liest so gut er kann und niemanden stört es», schwärmt P.J., der selbst mehrere Sprachen spricht.

James Joyce hatte zu Lebzeiten kaum Erfolg. Heute ist er der einzige Literat, dem ein spezieller Tag gewidmet ist. Am Bloomsday, dem 16. Juni, der Tag an dem der Roman «Ulysses» spielt, gedenkt man in der ganzen Welt des irischen Schriftstellers. Dublin quillt dann über vor Leopold-Bloom-Groupies, die in historischen Kostümen die Orte ihres Helden abklappern. Und natürlich darf am Bloomsday eines in den Pubs nicht fehlen: Leopolds Lieblings-Frühstück: gebratene Nieren. Und «Swenys» verkauft massenhaft Zitronenseife.

Travel Basics

Hinkommen Von Zürich direkt mit Swiss und Aer Lingus.

Übernachten Im ehrwürdigen «Buswell’s Hotel» in Mitten der Stadt. www.buswells.ie

Sweny Sweny befindet sich am Lincoln Place hinter dem Trinity College. http://sweny.ie. Informationen über das gesamte Programm beim James Joyce Centre erhältlich. Hier werden auch geführte Touren angeboten, http://jamesjoyce.ie

Informationen: tourismireland; visitdublin

 

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