Kampf der Königinnen im Wallis

Sie sind die Sanftmut in Person. Und Kampfmaschinen. Eringer Kühe sind die wohl schönsten Kühe der Schweiz – und die einzigen, mit denen man die Walliser Ringkuhkämpfe veranstaltet.

Kampf der Königinnen im Wallis

Im Rhonetal ist man sich sicher: die schönsten Kühe der Schweiz sind Eringer Kühe. «Die Kühe sind etwas Spezielles», schwärmt Bauer Stefan Eyholzer (38). «Sie sind etwas fürs Auge.» Auffällig ist deren Erscheinung allemal: Die kompakten schwarzen Rinder sind mit kräftigen Muskeln bepackt und auf deren Kopf thronen – mittlerweile eine Seltenheit auf Schweizer Weiden – wohlgeformte Hörner. Doch heute wird keine Schönheitskönigin gekürt, sondern das Alphatier: An diesem Tag findet im Örtchen Raron eine Vorentscheidung für die kantonalen Ringkuhkämpfe statt. Auch Stefan Eyholzer von der Bettmeralp auf der Aletsch Arena schickt heute zwei seiner «Alpendamen» in den Kampf um eine begehrte Siegesglocke. 200 Kühe wurden angemeldet. 200 Rammböcke auf vier Beinen. Viel Konkurrenz für die junge «Chantal» und die vierjährige «Medusa.» «Ich habe die stärksten Tiere aus meiner Herde ausgewählt», so Eyholzer. «Aber wie die sich im Ring verhalten, ist immer ein grosses Geheimnis. Manchmal ist eine schwächere Kuh auf der Alp, die stärkere im Ring». Auch wenn es bei den Ringkämpfen nur um Ehre und Ruhm geh, wird nichts dem Zufall überlassen: Jeder Bauer hat seine spezielle Trainingsmethode, um sein Schätzchen fit zu machen

Foto: TravelBistro

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Dann ist es soweit: Medusa muss in den Vorkampf. Im Ring befinden sich ein Dutzend Kühe, zusammen sechs Tonnen Kampfgewicht, die sich in Bewegung setzen. 3000 Zuschauer verstummen. Staub wirbelt auf, Kuhschädel rammen ineinander, Hufe bohren sich in den Staub. Urgewalt. Jetzt entscheidet sich, ob Training und Fürsorge Früchte tragen.

Was teilweise brutal anmutet, ist der natürliche Drang der Eringer Kühe, die Gruppenhierarchie auszukämpfen. «Das machen die auch auf der Alp», erläutert Eyholzer. So wie auf der Weide, suchen sich die Rinder in der Arena ihren Gegner selber aus. Daher geht es bei den Kämpfen unblutig zu: Wer unterlegen ist, gibt auf. Bei gleichstarken Tieren kann sich der Kampf allerdings schon mal eine halbe Stunde in die Länge ziehen. Haben sich zwei Alpendamen ineinander verkeilt, wird der Gegner mit purer Kraft zur Seite gewuchtet. Medusa hat sich im Vorentscheid tapfer geschlagen und das Finale erreicht. Eyholzer ist stolz, die Kollegen gratulieren. Das gibt für die Prachtkuh extra Portionen Streicheleinheiten und Leckerli.

Foto: TravelBistro

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Überhaupt dreht sich hier alles um die Kühe. Die Bauernfamilien haben ihre Campingstühle neben ihren Königinnen gestellt. Und selbst die raubeinigsten Bergbauern hätscheln und pflegen ihre vierbeinigen Schützlinge, säuseln Muntermacher ins Ohr und spendieren eine Massage für verspannte Nackenmuskeln. Ein Picknick-Tag mit Kuh-Wellness.

Insider-Tipp

Wer das schmackhafte Fleisch der Eringer Kühe kosten will, sollte Stefan Eyholzer in seiner Pistenbeiz «Bättmer Hitta» auf der Bettmeralp besuchen. Dort kommt Fleisch aus eigener Produktion auf die Teller. Aletsch Arena

Eyholzer, dessen Frau heute auf der Bettmeralp die Familienbeiz «Bettmer Hitta» managen muss, hat nur Augen für den Sieg. Der lässt aber auf sich warten. Medusa fehlt es im Finale an Stosskraft. Die Enttäuschung ist mit Händen zu greifen. Nur Medusa denkt sich nichts dabei und mampft ein Stück Brot.

Mein persönliches Fazit
Als ausgesprochener Tierliebhaber stand ich den Ringkuhkämpfen zunächst skeptisch gegenüber. Aber als ich gesehen habe, dass die Kämpfe völlig unblutig ablaufen und die Tiere nur ihren natürlichen Instinkt ausleben, fand ich das Brauchtum eine interessante Erfahrung. Jeder der Schweizer Brauchtum liebt, sollte sich die Kämpfe der Eringer Kühe auf jeden Fall einmal anschauen

Weitere Informationen Eine Übersicht über die Ringkuhkämpfe gibt es hier: Schweizerischer Eringerviehzuchverband

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